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GhanaAuf Schildkrötenpatrouille
In dunkler Nacht am Strand von Kokrobite
Meeresschildkröte beim vergraben der Eier
Foto: Michael Kreuzberg

Bevor meine Ghanareise am 13. Oktober endet, habe ich mich noch einmal auf den Weg gemacht, um den Strand in Kokrobite zu besuchen. Bei unserem ersten Besuch vor einigen Tagen trafen wir am Strandresort Wakanda auf Kwame und Enoch, zwei engagierte Einheimische, die sich für den Schutz der Seeschildkröten einsetzen. Ich hoffte auf ein wenig Glück, um die Schildkröten dieses Mal bei der Eiablage beobachten zu können. Gerade in dieser Jahreszeit kommen sie an genau diesem Strandabschnitt häufig zur Eiablage an den Strand.

Auf meinem ersten Strandspaziergang traf ich wieder auf Kwame. Er erzählte mir von seinen Bemühungen, die Seeschildkröten und deren Eier vor Räubern zu schützen. Seit Jahrhunderten haben die hier lebenden Fischer ihren eintönigen Speiseplan durch Schildkröten und deren Eier bereichert. Das war kein Problem, so lange die Populationen groß genug waren und nicht durch menschengemachte Umweltprobleme gefährdet waren. Heute aber sind Meeresschildkröten weltweit in ihrem Bestand bedroht. Die von ihnen seit unendlichen Zeiten zur Eiablage genutzten Strände werden mit Hotels bebaut oder verschwinden durch Küstenerosion. Viele werden durch die immer intensivere Fischerei getötet oder sterben durch das Fressen von Plastikmüll, welchen sie für Quallen halten. Von all diesen ökologischen Zusammenhängen wissen die Küstenfischer kaum etwas. Auch Kwame hat kein meeresbiologisches Hintergrundwissen. Trotzdem handelt er, weil er die Gefahr für diese Tiere erkannt hat. Als er mir erzählte, in einer Nacht bis zu 8 Schildkröten gesehen zu haben, war meine Neugier entbrannt - bin ich doch Meeresbiologe!

In der Nacht vom 10.10.2019 ging ich mit ihm und Enoch auf Schildkrötenpatrouille. Enoch ist 19 Jahre alt und hat mir vor 3 Jahren Kokosnüsse am Strand verkauft. Heute arbeitet er im Wakanda-Resort. Unser Ziel: Schildkröten bei der Eiablage beobachten und deren Eier anschließend ausgraben, um sie auf dem Gelände des Wakanda-Resorts einzugraben und damit an einen sicheren Ort zu bringen. Damit können sie nicht von Einheimischen gefunden und gegessen werden. Die Methode des Ausgrabens und Verbringens an einen sicheren Ort ist international üblich. Ich kenne dies z.B. von der Insel Derawan / Indonesien.

Schon auf dem Weg von meinem Resort zu ihrem sah ich eine Spur. Diese endete aber an einem großen Plastikmüllhaufen und führte zurück ins Meer. Die Schildkröte war offenbar umgekehrt, um einen besseren Platz zu finden. Dann ging es zu dritt weiter. Nach kurzer Zeit fanden wir wieder eine Spur. Diesmal war zu erkennen, dass sie nach der Eiablage wieder zurück in den Ozean gegangen war. Die Stelle war sehr dicht am Zaun eines anderen Resorts. Als wir anfingen, die Eier zu suchen, schlugen die Hunde des Resorts an und der Nachtwächter verscheuchte uns. Kwame versuchte vergebens ihm zu erklären worum es ging - kein Verständnis. Wir gingen weiter und machten eine grausame Entdeckung. Von einem noch offenen Eiablageloch führte eine Schleifspur Richtung Dorf. Offenbar hatte man die Schildkröte geholt während sie noch bei der Eiablage war. Die schon gelegten 60 Eier sammelten wir ein.

Endlich hatten wir Glück. Enoch entdeckte nach einigen Minuten eine weitere Spur. Diesmal hatte die Schildkröte gerade ihre Eier gelegt, hatte sie schon mit Sand bedeckt und war dabei, diesen mit ihrem Hinterleib und den hinteren Flossen zu verfestigen bevor sie zurück ins Meer kroch. Ihre 105 Eier haben wir ebenfalls eingesammelt und später an sicherer Stelle vergraben. Auf dem Rückweg sahen wir wieder eine zuerst auf den Strand führende Spur, die aber umkehrte als sie auf dichten Bewuchs stieß. Auch hier war der Platz für eine Eiablage nicht geeignet.

Nach drei Stunden und etwa 2 km Wegstrecke brachten Kwame und Enoch mich zurück zu meinem Resort. Vorher vergruben wir die „Ausbeute“ von 165 Eiern auf dem Gelände von Wakanda. Wie sie mir am nächsten Morgen erzählten, sahen sie dann ganz dicht an meinem Resort noch eine Schildkröte bei der Eiablage. Auch ihre 124 Eier sind nun sicher.

Sechs Schildkröten in drei Stunden an einem Strandabschnitt von etwa einem Kilometer! Das unterstreicht deutlich die Bedeutung dieses Küstenabschnitts für die Reproduktion von Meeresschildkröten. Ich konnte noch am gleichen Tag die englische NGO Global Vision International, die in Krokrobite präsent ist, für ein Projekt zum Schutz von Meeresschildkröten gewinnen. Zusätzlich habe ich meinen langjährigen Freund Anthony gebeten, welcher als Botaniker und Algenspezialist an der University of Ghana Legon arbeitet, den Bereich Meereswissenschaften dafür zu interessieren. Es wäre ein ideales Objekt für die Feldarbeit der Studenten. Kwame und Enoch wären natürlich als lokale Experten dabei. Aufklärungskampagnen für die Leute aus den angrenzenden Fischerdörfern gehören zu den ersten wichtigen Maßnahmen. Wir werden berichten, wenn dieses Projekt Gestalt annimmt.  
 

Enoch und Kwame beim Eingraben der Eier
v.l. Kwame, Michael Kreuzberg und Enoch
Eier der Meeresschildkröten

Der Weg zurück ins Meer

Vergraben der Eier und verdichten des Loches